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Vereinigung Liberaler
Kommunalpolitiker |
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Integration – eine Herausforderung für uns alle (Beschluss der XX. Bundesdelegiertenversammlung der VLK am 17. und 18. September 2004 in Bonn)
1. Vorbemerkung Die Integration zugewanderter Menschen wird zunehmend zu einer zentralen Herausforderung der Gesellschaft, auf die Bund, Länder und Kommunen Antworten finden müssen. Weite Bereiche der Integrationspolitik werden von den politischen und rechtlichen Vorgaben des Bundes und der Länder bestimmt. Bei der Organisation und Schwerpunktsetzung von Integrationsprozessen kommt jedoch den Kommunen eine entscheidende Bedeutung zu, denn Integration spielt sich weitgehend im sozialen Nahraum ab. Hier werden Chancen und Probleme sichtbar, hier realisieren sich die zentralen Lebensbereiche zugewanderter Menschen und hier liegt die Basis für ein friedliches Miteinander aller am Gemeinwesen Beteiligter.
2. Entwicklung der Zuwanderung Wanderungen haben die Geschichte der Deutschen nachhaltig geprägt. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart haben Deutsche im Ausland und Fremde in Deutschland meist in großer Zahl alle denkbaren Erscheinungsformen des grenzüberschreitenden Wanderungsgeschehens erlebt. Für modernes, urbanes Leben ist Zuwanderung ein wesentliches Element. Deutschland und hier im besonderen die Städte waren immer Orte für Migration mit hoher Bevölkerungsfluktuation. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wanderten verschiedene Gruppen ein: - Flüchtlinge und Vertriebene, - Aus- und Übersiedler, - Gastarbeiter und deren Familienangehörige, - Flüchtlinge und Asylbewerber, - Aussiedler in den 90er Jahren. Ende des Jahres 2000 lebten rund 7,3 Millionen Ausländer in Deutschland, darunter 1,5 Millionen in Deutschland geborene Ausländer. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung betrug damit 8,9 Prozent. Darüber hinaus lebten Ende 2000 schätzungsweise 3,2 Millionen Menschen, die als deutschstämmige Spätaussiedler insbesondere aus der ehemaligen UdSSR zugewandert sind und nach dem Grundgesetz Deutsche sind, in der Bundesrepublik. Insgesamt liegt der Anteil der ein- bzw. zugewanderten Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung bei fast 12 Prozent.
3. Zum Begriff "Integration" Voraussetzung für die gemeinsame Arbeit an einem solchen Konzept ist ein gemeinsames Verständnis des Begriffs Integration und die Berücksichtigung der vielfältigen Facetten, die Integration ausmachen. Integration ist ein gegenseitiger Prozess zwischen Zugewanderten und der Aufnahmegesellschaft und zielt darauf ab, zugewanderten Menschen eine Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unter Respektierung der jeweils eigenen kulturellen Identitäten zu ermöglichen. Integration steht für die kulturelle und soziale Annäherung von Zugewanderten und der Aufnahmegesellschaft, wobei die Akzeptanz des in der Aufnahmegesellschaft geltenden Rechts und des Wertekanons als grundlegende Voraussetzung gilt. Integration ist ein langfristig angelegter Prozess, der oftmals über Generationen verläuft und mehrheitlich im Familienverband geschieht. Dabei wird in der Regel unterschieden zwischen der strukturellen Integration (Eingliederung in die Kerninstitutionen der Aufnahmegesellschaft), der kulturellen Integration (Spracherwerb und Werteannäherung), der sozialen Integration (Eingliederung in private und nichtöffentliche Bereiche) und der identifikatorischen Integration (Hinwendung und Zugehörigkeitsgefühl zur Aufnahmegesellschaft).
4. Zielgruppe: Menschen mit Migrationshintergrund Statistiken geben in der Regel nur Auskunft über die Staatsangehörigkeit einer Person. Zielgruppe des Integrationsprozesses sind jedoch allgemein Menschen mit Migrationshintergrund und dauerhaftem und rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland. Denn auch bei schon erworbener deutscher Staatsangehörigkeit kann Integrationsbedarf bestehen. Integration richtet sich sowohl an Neuzuwanderer als auch an Zugewanderte der ersten, zweiten und dritten Generation, die rechtmäßig und dauerhaft in Deutschland leben. Soziale Kriterien wie Geschlecht, Bildungsniveau, Wohnumfeld und soziales Gefüge können den Integrationsprozess ebenso beeinflussen wie die Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Herkunftsgruppe. Dies bedeutet umgekehrt nicht, dass alle Menschen mit Migrationshintergrund ein Integrationsdefizit haben. Eine Kernherausforderung bei kommunalen Integrationsansätzen ist also die Definition der jeweils relevanten Personengruppen und die entsprechenden spezifischen Problemstellungen und Handlungsansätze vor Ort.
5. Sprachkompetenz Die Sprachkompetenz bei Kindern und Erwachsenen und die Entwicklung einer interkulturellen Kompetenz sind grundlegende Fähigkeiten, die eine erfolgreiche Integration erst ermöglichen und deshalb von allen Akteuren in der Integrationsarbeit im ersten Schritt anzustreben sind. Erfolgreiche Integration setzt Kommunikationsfähigkeit voraus und die kann nur auf der Basis der Landessprache, das heißt hier der deutschen Sprache, erfolgen, um die Entwicklung ausgeprägter Parallelgesellschaften zu vermeiden. Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Vermittlung von Sprachkompetenz sind: - Einbeziehung möglichst aller Kinder im Alter von drei bis sechs
Jahren mit Migrationshintergrund in den Kindergarten, um dort bereits
spielerisch Sprach- und Kommunikationsfähigkeit einzuüben. Die Akzeptanz der vorgenannten beispielhaft dargestellten Aktivitäten könnte dadurch gesteigert werden, indem ein vom Land und den Kommunen gemeinsam entwickeltes Zertifikat erarbeitet wird, das bei der erfolgreichen Absolvierung von Sprachkursen mit einem bestimmten Standard dem Teilnehmer einen Abschluss vermittelt, der im gesellschaftlichen und beruflichen Leben eine gewisse Anerkennung erfährt. Darüber hinaus sollen gemeinsame Fördermaßnahmen von Land und Kommune, im besonderen im Kinder- und Jugendbereich, frühzeitig dazu beitragen, Sprachdefizite zu minimieren.
6. Weitere Handlungsfelder Land und Kommune erstellen gemeinsam unter der Überschrift "Gute Beispiele" einen sich ständig erneuernden Leitfaden für erfolgreiche Integrationsarbeit. Ferner kann die Evaluation von Integrationsmaßnahmen und die Integrationsforschung sowie die Erstellung von Migrationsberichten als übergreifende Thematik beispielhaft vom Land beauftragt werden, um lokale Entwicklungen landesweit nutzbar zu machen. Die Kooperation mit der deutschen und nichtdeutschen Presse und den elektronischen Medien ist von besonderer Wichtigkeit, um erfolgreiche Integrationsarbeit in breite Bevölkerungskreise zu vermitteln. Hier kann das Land wichtige Grundlagenkommunikation leisten, in dem die Landesregierung selber zu regelmäßigen Mediengesprächen unter Beteiligung beispielhafter Kommunen einlädt. Kulturelle Aktivitäten und Events, wie z. B. interkulturelle Feste und die Teilnahme von Migrantenvereinigungen bei der Gestaltung traditioneller und historischer deutscher Feste sind weitere Bausteine für eine erfolgreiche Integrationsentwicklung. Damit wird das gegenseitige Verständnis für die jeweilige kulturelle Tradition erhöht und mögliche Vorurteile können abgebaut werden. Schließlich kann die Einbeziehung von Migranten in die unmittelbare Stadtentwicklung ihres Wohnumfeldes über Ortsbeiräte, Stadtteilkonferenzen oder lokale Projektgruppen Partizipation und Verantwortung für die eigene Gebietskörperschaft entwickeln. Daneben sollen auch die bereits vorhandenen Möglichkeiten der Partizipation verstärkt genutzt werden. Im Vorfeld der Festigung der deutschen Sprachkompetenz können Mitarbeiter oder Ehrenamtliche, die kommunale Entscheidung oder Termine in der Muttersprache der Migranten erläutern können, die Akzeptanz und die Partizipation der Migranten am kommunalen Geschehen erhöhen.
7. Situation von Senioren mit Migrationshintergrund und von ausländischen Senioren Die Stadt- und Landkreise sind aufgerufen, im Bereich der Altenhilfe und Altenpflege ältere Migranten stärker zu berücksichtigen, da die Strukturen insgesamt noch zu wenig auf die spezifischen Bedürfnisse älterer ausländischer oder inzwischen eingebürgerter Einwohner ausgerichtet sind. Insbesondere für die erste eingewanderte Generation der Migranten besteht Beratungsbedarf. Die sogenannte Gastarbeitergeneration aus den Anwerbeländern ehemaliges Jugoslawien, Türkei, Italien, Griechenland und Spanien steht vor dem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Aufgrund der oft schweren körperlichen Arbeitsbedingungen sind viele dieser Generation aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig erwerbs- oder berufsunfähig geworden – einige bereits pflegebedürftig.Maßnahmen im Einzelnen: - verstärkte Bemühungen zur Integration älterer Migranten in der offenen Altenhilfe (Begegnungsstätten, Bildungseinrichtungen, Seniorenräte) - Angebot für Senioren mit Migrationshintergrund im Bereich der Altenpflege (ambulante/stationäre Pflege) - Anpassung der Ausbildung bei den Pflegefachkräften auf die zukünftige höhere Anzahl von Senioren mit Migrationshintergrund - gezielte Werbung junger Menschen mit Migrationshintergrund für die Ausbildung als Pflegekraft - Erfahrungsaustausch von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen über Formen der speziellen Betreuung von älteren Migranten - Modelle der interkulturellen Öffnung, der Altenpflege und Möglichkeiten der Schwerpunktbildung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
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