Vereinigung Liberaler
Kommunalpolitiker Hamburg e. V. |
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Gefährdung der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs - Denkanstöße zur Sicherung und Entwicklung funktionsfähiger Ortskerne und Stadtteile (Beschluss der XIX.Bundesdelegiertenversammlung der V.L.K. am 26. / 27. September 2003 in Güstrow)
Ein lebendiger und attraktiver Ortskern braucht gleichermaßen - einen Einzelhandel mit einem möglichst breit gefächerten Angebot eine leistungsfähige Gastronomie, - eine gute Hotellerie, - dem Bedarf angepasste sonstige Dienstleistungsangebote (Ärzte, Versicherungen, Sozialstationen, Altenheime usw.), - eine angenehme Wohnatmosphäre, - Aufenthalts- und Erlebnisbereiche für Familien und Besucher. Die Versorgungsfunktion von Ortskernen und Stadtteilen wird in den letzten Jahren zunehmend beeinflusst durch - die wachsende Mobilität der Bevölkerung, - Verbraucher- und Fachmärkte in Gewerbegebieten und auf der „grünen Wiese" und neue Vertriebsformen wie der mobile Einzelhandel („Eismann"), Fabrikverkäufe - und E-Commerce.
Einschränkungen der Anlieferungsmöglichkeiten und die Kleinteiligkeit der zur Verfügung stehenden Geschäftsflächen Mit dem Verlust der Versorgungsmöglichkeiten verlieren Ortskerne und Stadtteile einen Teil ihrer Attraktivität und ihrer Identität. Keine Geschäfte bedeuten keine Gespräche beim Einkauf und damit zunehmende Vereinzelung der Einwohner. Es besteht weniger Grund, den Ortskern und den Stadtteil zu besuchen, die Aufenthaltsfunktion leidet. Das Ziel, funktionsfähige Ortskerne und Stadtteile zu erhalten, ist nur durch gemeinsame Bemühungen all derjenigen zu erreichen, die am Ort wohnen und arbeiten. Dabei sind besonders gefordert: - die Verbraucher, also diejenigen, die Leistungen in Anspruch nehmen, - der Einzelhandel und die übrigen Dienstleister, die die Zusammensetzung und das Niveau der Dienstleistungsangebote bestimmen, - die Grundstückseigentümer wegen der Miet- und Pachtkonditionen, - die Stadtverwaltung als Verantwortliche für die öffentlichen Planungen und die Wirtschaftsförderung. Ein funktionsfähiger Ortskern muss aus sich heraus leben, d.h. ohne auf Dauer angelegte Unterstützungen der Öffentlichen Hand. Die Aufgabe der öffentlichen Hand beschränkt sich auf die Erhaltung und Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Wettbewerbsfähigkeit von Ortskernen und Stadtteilen fördern. Eine eventuelle Wirtschaftsförderung sollte ich auf Starthilfen und andere Hilfen zur Selbsthilfe beschränken. Besondere Probleme haben kleinere Städte und Gemeinden in Ballungsräumen, denn sie befinden sich im Sog von Orten höherer Zentralität, insbesondere benachbarter Großstädte. Ein engagiertes und ideenreiches Stadtmarketing kann helfen, die Kaufkraft der einheimischen Bevölkerung mehr an den Ort zu binden. Ziel dieser Aktivitäten muss es insbesondere sein, - das örtliche Dienstleistungsangebot bekannter zu machen, - das örtliche Dienstleistungsangebot weiterzuentwickeln, - die emotionalen Bindungen der Verbraucher an den Wohnort zu stärken, also eine Art ortsbezogenen Patriotismus zu erzeugen. Um das vorhandene Dienstleistungsangebot bekannter zu machen, empfehlen wir den Aufbau lokaler virtueller Marktplätze, über die sich der Verbraucher umfassend über das am Ort verfügbaren Angebot informieren kann. Die entsprechenden Informationen müssen angemessen detailliert und komfortabel zugänglich sein. Das Internetportal www.einkaufen-in-wohnort.de eines Anzeigenblattes ist eine gute Idee, die allerdings noch ausgeformt und weiterentwickelt werden muss. Da die örtlich gebundene Bevölkerung jedoch nur teilweise mit dem Internet vertraut ist, denken wir zusätzlich an ein Ladenlokal im Ortszentrum, gemeinsam getragen von der Werbegemeinschaft, dem Einzelhandelsverband, dem Gewerbeverein, dem Verkehrsverein, einem Zusammenschluss der Hotelbetreiber und der Stadt bzw. Gemeinde, das die Bevölkerung bei der Informationsbeschaffung unterstützt. Die Haltung der Bürgerschaft zum Straßenverkehr ist gespalten. Auf der einen Seite verlangt der Bürger Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Aufenthaltsbereiche, auf der anderen Seite kauft er dort ein, wo er die Ware unmittelbar vom Einkaufswagen in seinen Pkw umladen kann. Jedenfalls gewünscht und daher unbedingt notwendig sind ausreichende und preisgünstige Parkierungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe der Einzelhandelsgeschäfte. Weitgehende Verkehrsberuhigungsmaßnahmen wie Fußgängerzonen sind zuvor gründlich auf ihre Einzelhandelsverträglichkeit zu überprüfen. In Klein- und Mittelzentren sollten dem Verbraucher zwei bis drei Stunden Parkzeit umsonst zur Verfügung stehen. Die Versorgungsfunktion von Ortskernen und Stadtteilen wird nicht nur beeinflusst von der Mobilität der Bevölkerung und neuen Vertriebswegen, sondern auch von der Genehmigung von Verbraucher- und Fachmärkten am Rande und außerhalb der örtlichen Siedlungsstrukturen. Die Spannungen, die sich hieraus für die Ortskerne als Dienstleistungszentren ergeben, sind erkannt. Aufgabe der Politik ist es deshalb, stadt- und gemeindeweise einen Ordnungsrahmen suchen, der der jeweiligen Kommune als ausgewogene Gesamtheit gerecht wird.
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